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Anwaelte

Betriebsrat hat die Wahl zwischen Schulung in Präsenz oder online

In einer noch nicht rechtskräftigen Entscheidung hat das (Landesarbeitsgericht Düsseldorf (24.11.2022, 8 TaBV 59/21, Rn. 35) festgestellt, dass sich der Betriebsrat bei der Auswahl einer geeigneten Schulung regelmäßig auch für eine Präsenz- statt einer Onlineschulung entscheiden darf. Das sei von seinem Ermessen im Rahmen des § 37 Abs. 6 BetrVG gedeckt, und zwar auch dann, wenn die Mehrkosten vierstellig ausfielen und die Lerninhalte identisch sein sollten. Für das Präsenzseminar sprächen insbesondere die höhere Effektivität und der ausdrückliche Wunsch der teilnehmenden Mitglieder, die selbst am besten einschätzen könnten, wie sie am besten lernen können.

Die Entscheidung erging in Bezug auf eine Mitarbeitervertretung (Personalvertretung) in einem Flugbetrieb. Da die Anspruchsgrundlage jedoch § 37 Abs. 6 BetrVG entspricht, ist sie ohne weiteres übertragbar.

 

Außerordentliche Kündigung wegen übler Nachrede per WhatsApp 

Verbreitet eine Arbeitnehmerin eine unzutreffende Behauptung, die geeignet ist, den Ruf eines Kollegen erheblich zu beeinträchtigen per WhatsApp in einem Privatchat an eine andere Kollegin, kann dies einen Grund darstellen, der den Arbeitgeber auch zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses berechtigt, so das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg in einer aktuellen Entscheidung.

Im vom LAG zu entscheidenden Fall hatte die erst seit wenigen Tagen bei der Beklagten beschäftigte Klägerin gegenüber einer Kollegin das unzutreffende Gerücht verbreitet, ein Mitarbeiter der Beklagten sei ein verurteilter Vergewaltiger. Gegen die daraufhin ausgesprochene fristlose Kündigung ging die Arbeitnehmerin, die das Gerücht in die Welt gesetzt hatte, gerichtlich vor.

In seiner Entscheidung bezog das LAG überraschenderweise keine Stellung zu der Frage, ob aufgrund des vertraulichen Charakters der Äußerungen der Klägerin, die in einer WhatsApp-2er-Kommunikation erfolgten, die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung entfallen könnte. Das Bundesarbeitsgericht hat hierzu in der Vergangenheit festgestellt, dass angreifbare Bemerkungen über Vorgesetzte, sofern sie im Kollegenkreis erfolgen, erfahrungsgemäß in der sicheren Erwartung geäußert werden, sie würden nicht über den Kreis der Gesprächsteilnehmer hinausdringen. Dies sah das LAG im zu entscheidenden Fall jedoch anders.

Damit ist festzuhalten: Wer gravierende ehrverletzende und rufschädigende (unwahre) Behauptungen über Vorgesetzte oder Kollegen aufstellt, muss auch dann mit einer fristlosen Kündigung rechnen, wenn diese in einer vertraulichen Kommunikation im klein(st)en Kollegenkreis abgegeben werden. Auf das Vertrauen darauf, die Äußerungen würden aus diesem Kreis nicht nach außen dringen, wird man sich wohl nicht berufen können, wenn die unwahren Behauptungen besonders ehrrührig und schwerwiegend sind, etwa weil sie – wie im vorliegenden Fall – die Verurteilung zu einer schweren Straftat zum Gegenstand haben.

(Quelle: Urteil des LAG Baden-Württemberg vom 14.03.2019, 17 Sa 52/18)

Ruhezeit und Urlaub können zusammenfallen

Die im Flugbetrieb für das Kabinenpersonal geltende tarifliche Ruhezeit und Erholungsurlaub schließen einander nicht aus. Der Arbeitgeber sei deshalb nicht verpflichtet, die Arbeitseinsätze der Arbeitnehmer so zu planen, dass Ruhezeiten nicht in bereits genehmigten Erholungsurlaub des Arbeitnehmers fallen, so das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seiner Entscheidung vom 23.05.2018.

Im vom BAG entschiedenen Fall klagte eine bei der Deutsche Lufthansa AG beschäftigte Flugbegleiterin auf Feststellung, dass ihr Arbeitgeber verpflichtet ist, in genehmigte Urlaubszeiten fallende Ruhezeiten nicht mit dem Urlaubsanspruch zu verrechnen.

Der auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin anwendbaren Manteltarifvertrag (MTV) Nr. 2 für das Kabinenpersonal der Deutsche Lufthansa AG definiert in § 4 Ruhezeit als eine zusammenhängende Zeit von mindestens 10 Stunden, während der ein Mitarbeiter von Dienstleistungen jeglicher Art befreit ist. Innerhalb einer 24-Stunden-Periode ist jedem Mitarbeiter eine Ruhezeit von mindestens 10 Stunden zu gewähren. Eine 24-Stunden-Periode beginnt zu dem Zeitpunkt, an dem eine Ruhezeit endet.

Die Beklagte plant den Einsatz der Klägerin monatlich in sog. Umläufen (Flüge über einen oder mehrere Tage). Im August und November 2014, Februar und Juni 2015 sowie im April 2016 fielen sich dem Einsatz der Klägerin anschließende Ruhezeiten ganz oder teilweise in deren bereits genehmigten Erholungsurlaub. Dies hielt die Klägerin für unzulässig. Die Beklagte müsse die Umläufe vielmehr so planen, dass Ruhezeiten nicht in den Erholungsurlaub fielen.

Die Klage wurde erstinstanzlich durch das Arbeitsgericht Frankfurt am Main abgewiesen (Urteil vom 19.04.2016, 24 Ca 9318/15). Das Landesarbeitsgericht Frankfurt am Main hat die daraufhin eingelegte Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 27.03.2017, 17 Sa 806/16).

Das BAG wies die Revision der Klägerin als unbegründet zurück. Ruhezeit und Erholungsurlaub schließen einander nicht aus. Die Beklagte sei deshalb nicht verpflichtet, die Arbeitseinsätze der Klägerin stets so zu planen, dass Ruhezeiten nicht in bereits genehmigten Erholungsurlaub fallen.

Aus der Definition aus § 4 MTV Nr. 2 könne gefolgert werden, dass tarifliche Ruhezeit der festgelegte arbeitsfreie Zeitraum zwischen dem Ende einer Arbeitsperiode und dem Beginn der nächsten ist. Mit diesem Inhalt entspreche die Tarifnorm auch dem unionsrechtlichen Verständnis des Art. 2 Nr. 1 und Nr. 2 Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 04.11.2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung, wonach die Begriffe „Arbeitszeit“ und „Ruhezeit“ einander ausschließen, das auch für den Begriff der Ruhezeit in § 5 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz (ArbZG) maßgeblich sei, so das BAG.

Der MTV Nr. 2 enthalte keine Vorgaben, aus welchen Gründen der arbeitsfreie Zeitraum arbeitsfrei ist. Ob der Arbeitnehmer die ihm zustehende Ruhezeit zwischen zwei Arbeitseinsätzen erhalten habe, hängt allein davon ab, ob er einen den tariflichen Regelungen entsprechenden Zeitraum von jeglicher Arbeitsleistung befreit war. Weil der Arbeitnehmer während des Erholungsurlaubs erklärtermaßen von jeglicher Verpflichtung zur Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt sei, könnten Ruhezeit und Urlaub zusammenfallen. Der potenziellen Gleichzeitigkeit von Ruhezeit und Erholungsurlaub stehe auch die Regelung in § 4 4. Abschnitt A Abs. 2 MTV Nr. 2 nicht entgegen, wonach die Ruhezeit zweckentsprechend zu verwenden sei. Denn auch während des Urlaubs dürfe der Arbeitnehmer keine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit ausüben. Beiden Zeiträumen sei damit gemein, dass sie ausschließlich der Erholung des Arbeitnehmers von den Belastungen der Arbeit und seinem Freizeitbedürfnis dienen. Anhaltspunkte für die Annahme, es entspreche dem Willen der Tarifvertragsparteien, dass Ruhezeit und Erholungsurlaub einander ausschließen und sich nicht überlappen dürften, bestünden nicht.

Nationales Gesetzesrecht und Unionsrecht stünden einem Zusammenfallen von Ruhezeit und Erholungsurlaub ebenfalls nicht entgegen, so das BAG weiter. Die Regelung zur Ruhezeit in § 5 ArbZG fände auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung. Über die Verweisung in § 20 ArbZG gelten für die Beschäftigung von Arbeitnehmern als Besatzungsmitglieder von Luftfahrzeugen die Vorschriften der ORO.FTL.105 Nr. 21, welche Ruhezeit als einen fortlaufenden, ununterbrochenen und festgelegten Zeitraum im Anschluss an den Dienst oder vor dem Dienst, in dem das Besatzungsmitglied frei von Dienst, Bereitschaft und Reserve sei, definiere. Dass eine Zeitspanne, während derer das Besatzungsmitglied weder arbeiten noch dem Arbeitgeber zur Verfügung stehen müsse, nicht gleichzeitig Ruhezeit und Erholungsurlaub sein kann, ergebe sich weder aus dem Wortlaut der ORO.FTL noch den Zwecken von Urlaub und Ruhezeit. Der Zweck des unionsrechtlichen Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub liege nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union darin, dem Arbeitnehmer zu ermöglichen, sich zu erholen und über einen Zeitraum für Entspannung und Freizeit zu verfügen (EuGH, Urteil vom 29.11.2017, C-214/16). Nichts anderes bezweckt die Ruhezeit, wenn ORO.FTL.110 (g) dem Arbeitgeber auferlegt, Ruhezeiten von ausreichender Länge festzusetzen, die es den Besatzungsmitgliedern ermöglichen, sich von den Auswirkungen des vorausgegangenen Dienstes zu erholen und zu Beginn der darauffolgenden Flugdienstzeit ausgeruht zu sein. Anforderungen an das Verhalten der Arbeitnehmer in der Ruhezeit stellen die ORO.FTL im Übrigen nicht.

Fazit: Auch wenn die Entscheidung des BAG aus Arbeitnehmersicht nachteilig ist, da sie mit einer Einbuße an Freizeit einhergeht, ist sie in der Sache sicherlich vertretbar, da bei Ruhezeiten arbeitsschutzrechtliche Belange maßgeblich sind und der Zweck einer Ruhezeit grundsätzlich nicht darin besteht, ein Mehr an Freizeit zu vermitteln. Die Möglichkeit, Ruhezeit und Erholungsurlaub zu verrechnen gibt der MTV Nr. 2 zudem her, da dieser bei der Ruhezeit lediglich eine Arbeitsbefreiung von einer bestimmten Dauer voraussetzt. Der Grund für die Arbeitsbefreiung ist dabei egal, kann also auch Urlaub sein.

(Quelle: BAG, Urteil v. 23.05.2018, 5 AZR 303/17)

Kein gesetzlicher Urlaubsanspruch bei unbezahltem Sonderurlaub

Nimmt ein Arbeitnehmer unbezahlten Sonderurlaub, stehen ihm für diesen Zeitraum grundsätzlich keine gesetzlichen Urlaubsansprüche nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) zu, so das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einer aktuellen Entscheidung.

Im vom BAG entschiedenen Fall befand sich die klagende Arbeitnehmerin in Absprache mit dem beklagten Arbeitgeber in der Zeit vom 01.09.2013 bis zum 31.08.2015 im Sonderurlaub. Nach Ablauf des zweijährigen Sabbaticals machte die Arbeitnehmerin für das Jahr 2014 den gesetzlichen Urlaubsanspruch von 20 Urlaubstagen geltend. Dieser wurde vom Arbeitgeber abgelehnt.

Die daraufhin eingelegte Klage der Arbeitnehmerin auf Urlaubsgewährung wurde erstinstanzlich durch das Arbeitsgericht Cottbus abgewiesen (Urteil vom 26.10.2016, 2 Ca 1516/15). Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hielt die Berufung der Arbeitnehmerin teilweise für begründet und sprach ihr 20 Urlaubstage für das Jahr 2014 zu (Urteil vom 20.06.2017, 11 Sa 2068/16).

Der Arbeitgeber ging anschließend in Revision und hatte mit dieser Erfolg. Das BAG entschied, dass der Arbeitnehmerin kein Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub nach dem BUrlG für das Jahr 2014 zukomme.

Eine Begründung der Entscheidung liegt bislang nur in Form einer Pressemitteilung des BAG vor. Dort heißt es:

Nach § 3 Abs. 1 BUrlG hat ein Arbeitnehmer bei einer 6-Tage-Woche, also bei einer gleichmäßigen Verteilung der Arbeit auf die sechs Werktage Montag bis Samstag, einen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub von mindestens 24 Werktagen. Dies entspricht einem Urlaubsanspruch von 20 Tagen bei einer Fünftagewoche. Ist die Arbeitszeit auf weniger oder mehr als sechs Arbeitstage in der Kalenderwoche verteilt, muss die Anzahl der Urlaubstage unter Berücksichtigung des für das Urlaubsjahr maßgeblichen Arbeitsrhythmus berechnet werden, sodass für alle Arbeitnehmer eine gleichwertige Urlaubsdauer gewährleistet werden kann.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des BAG fand eine solche Umrechnung bei Sonderurlaub nicht statt. Der Arbeitnehmer behielt danach auch bei vollständiger Aufhebung der Arbeitspflicht während eines Sonderurlaubs seinen gesetzlichen Jahresurlaubsanspruch. Diese Rechtsprechung wurde mit der aktuellen BAG-Entscheidung ausdrücklich aufgegeben.

Nunmehr gilt:

„Befindet sich ein Arbeitnehmer im Urlaubsjahr ganz oder teilweise im unbezahlten Sonderurlaub, ist bei der Berechnung der Urlaubsdauer zu berücksichtigen, dass die Arbeitsvertragsparteien ihre Hauptleistungspflichten durch die Vereinbarung von Sonderurlaub vorübergehend ausgesetzt haben.“

Dieser Umstand hat zur Folge, „dass einem Arbeitnehmer für ein Kalenderjahr, in dem er sich durchgehend im unbezahlten Sonderurlaub befindet, mangels einer Arbeitspflicht kein Anspruch auf Erholungsurlaub zusteht.“

Fazit: Die Änderung der BAG-Rechtsprechung ist für Arbeitnehmer generell nachteilig, da diese künftig während der aufgrund von unbezahltem Sonderurlaub freigestellten Zeit keine gesetzlichen Urlaubsansprüche erwerben. Anders als beim Elternzeiturlaub muss der Arbeitgeber den gesetzlichen Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers auch nicht durch das Aussprechen einer (Kürzungs-)Erklärung zurückweisen, wenn er diesen nicht gewähren will. Der Anspruch auf bezahlten Urlaub nach dem BUrlG entsteht vielmehr während eines Sonderurlaubs von vornerein nicht.

(Quelle: Pressemitteilung des BAG zum Urteil v. 19.03.2019, 9 AZR 315/17)

Kein „Haustürwiderruf“ bei Aufhebungsvertrag

Arbeitnehmer können Aufhebungsverträge – auch wenn diese in ihrer Privatwohnung abgeschlossen wurden – nicht unter Berufung auf die Vorschriften des Verbraucherschutzrechts widerrufen. Ein auf diese Weise geschlossener Aufhebungsvertrag kann jedoch unwirksam sein, wenn der Arbeitgeber das Gebot des fairen Verhandelns vor Abschluss des Aufhebungsvertrags verletzt hat, so das BAG in einer neuen Entscheidung.

Im entschiedenen Fall wurde eine erkrankte Arbeitnehmerin zuhause von einem Vertreter des Arbeitgebers aufgesucht und zur Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrages gedrängt, der eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Zahlung einer Abfindung vorsah. Die Arbeitnehmerin hatte den Aufhebungsvertrag in der Folge angefochten und hilfsweise widerrufen. Mit ihrer anschließenden Klage wendete sie sich gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses.

Verbrauchern steht zwar nach § 355 i.V.m. §§ 312 Abs. 1, 312g BGB grundsätzlich ein Widerrufsrecht bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen zu. Auch bei Arbeitnehmern handelt es sich um Verbraucher im Sinne des Gesetzes. Der Gesetzgeber hatte jedoch nicht die Absicht, arbeitsrechtliche Aufhebungsverträge in den Anwendungsbereich der §§ 312 ff. BGB einzubeziehen. Der Widerruf eines abgeschlossenen Aufhebungsvertrages scheidet daher aus.

Eine Unwirksamkeit des Aufhebungsvertrags kann sich aber nach Ansicht des BAG aus einer Missachtung des Gebots des fairen Verfahrens ergeben. Hierzu heißt es in der Pressemitteilung des BAG:

„Dieses Gebot ist eine arbeitsvertragliche Nebenpflicht. Sie wird verletzt, wenn eine Seite eine psychische Drucksituation schafft, die eine freie und überlegte Entscheidung des Vertragspartners über den Abschluss eines Aufhebungsvertrags erheblich erschwert. Dies könnte hier insbesondere dann der Fall sein, wenn eine krankheitsbedingte Schwäche der Klägerin bewusst ausgenutzt worden wäre. Die Beklagte hätte dann Schadenersatz zu leisten. Sie müsste den Zustand herstellen, der ohne die Pflichtverletzung bestünde (sog. Naturalrestitution, § 249 Abs. 1 BGB). Die Klägerin wäre dann so zu stellen, als hätte sie den Aufhebungsvertrag nicht geschlossen. Dies führte zum Fortbestand des Arbeitsverhältnisses.“

(Quelle: Pressemitteilung des BAG zum Urteil vom 07.02.2019 – 6 AZR 75/18)

Fazit: Sich von einem bereits abgeschlossenen Aufhebungsvertrag wieder lösen zu können, ist äußerst problematisch. Regelmäßig scheidet sowohl ein Widerruf als auch eine Anfechtung des Vertrags aus. Wie auch die vorliegende Entscheidung verdeutlicht, besteht nur in eng begrenzten Ausnahmefällen die Möglichkeit, einen einmal unterzeichneten Aufhebungsvertrag wieder aus der Welt zu schaffen. Bei dem Versuch dieses Rechtsschutzziel dennoch erfolgreich umzusetzen, sollte in jedem Fall ein auf Arbeitsrecht spezialisierter Rechtsanwalt hinzugezogen werden.

Kürzung des Urlaubsanspruchs aufgrund von Elternzeit zulässig

Der Arbeitgeber kann den Erholungsurlaub, der dem Arbeitnehmer für das Urlaubsjahr zusteht, bei genommener Elternzeit nach § 17 Abs. 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) anteilig kürzen. Diese Kürzungsmöglichkeit ist mit dem Europarecht vereinbar, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 19.03.2019.

Das gesetzliche Kürzungsrecht gemäß § 17 Abs.1 Satz 1 BEEG, wonach der Arbeitgeber den Erholungsurlaub für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen kann, verstößt weder gegen Art. 7 Abs.1 der Richtlinie 2003/88/EG (Arbeitszeitrichtlinie) noch gegen § 5 Nr. 2 der Rahmenvereinbarung über den Elternurlaub im Anhang der Richtlinie 2010/18/EU. Dabei beruft sich das BAG auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) aus Oktober 2018, wonach Arbeitnehmer, die sich in der Elternzeit befinden, nicht mit Arbeitnehmern gleichgestellt werden müssen, die in diesem Zeitraum tatsächlich gearbeitet haben.

Mit Verweis auf seine bisherige Rechtsprechung führte das BAG zudem ergänzend aus, dass die Urlaubskürzung zwar einer entsprechenden empfangsbedürftigen rechtsgeschäftlichen Erklärung des Arbeitgebers bedürfe. Hierbei aber ausreichend sei, dass sich der Wille des Arbeitgebers von seiner Kürzungsmöglichkeit Gebrauch zu machen, aus den Umständen ergebe. Für den Arbeitnehmer muss lediglich erkennbar sein, dass der Arbeitgeber den Urlaub kürzen will.

Das Kürzungsrecht des Arbeitgebers erfasst zudem nicht nur den gesetzlichen Mindesturlaub, sondern auch den vertraglichen Mehrurlaub, wenn der Arbeitsvertrag für diesen keine von § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG abweichende Sonderregelung aufweist.

(Quelle: Pressemitteilung des BAG zum Urteil v. 19.03.2019, 9 AZR 362/18)

Kein automatischer Verfall von Urlaubsansprüchen am Jahresende

Aus dem Wortlaut des § 7 Abs. 3 S. 1 BUrlG ergibt sich, dass Urlaub der bis zum Jahresende nicht gewährt und genommen wird verfällt. Das galt nach bisheriger Rechtsprechung selbst für den Fall, dass der Arbeitnehmer den Arbeitgeber rechtzeitig, aber erfolglos aufgefordert hatte, ihm Urlaub zu gewähren. Diese Rechtsprechung hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) nunmehr an die Vorgaben des Gerichtshofs der Europäischen Union aufgrund der Vorabentscheidung vom 06.11.2018 (- C-684/16 – [Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften]) angepasst.

Nach Maßgabe des § 7 Abs. 1 S. 1 BUrlG ist es dem Arbeitgeber vorbehalten, die zeitliche Lage des Urlaubs unter Berücksichtigung der Urlaubswünsche des Arbeitnehmers festzulegen. Die Vorschrift zwingt den Arbeitgeber damit zwar nicht, dem Arbeitnehmer von sich aus Urlaub zu gewähren. Allerdings obliegt ihm unter Beachtung von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88/EG (Arbeitszeitrichtlinie) die Initiativlast für die Verwirklichung des Urlaubsanspruchs. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist der Arbeitgeber gehalten, „konkret und in völliger Transparenz dafür zu sorgen, dass der Arbeitnehmer tatsächlich in der Lage ist, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, indem er ihn – erforderlichenfalls förmlich – auffordert, dies zu tun“. Der Arbeitgeber hat klar und rechtzeitig mitzuteilen, dass der Urlaub am Ende des Bezugszeitraums oder eines Übertragungszeitraums verfallen wird, wenn der Arbeitnehmer ihn nicht nimmt.

Der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub erlischt somit nur dann am Ende des Kalenderjahres, wenn der Arbeitgeber ihn zuvor über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.

(Quelle: Pressemitteilung des BAG zum Urteil v. 19.01.2019, 9 AZR 541/15)

Urlaubsabgeltung bei Tod eines Arbeitnehmers ist vererbbar

Mit Urteil vom 22.01.2019 (9 AZR 45/16) hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch nach § 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) gemäß § 1922 Abs. 1 BGB vererbbar ist.

Urlaub, der wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht genommen werden kann, ist nach § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten. Die bisher bestandene Unklarheit darüber, ob ein solcher Urlaubsabgeltungsanspruch vererbt werden kann, wenn das Arbeitsverhältnis durch das Versterben eines Arbeitnehmers endet, hat das Bundesarbeitsgericht nunmehr beseitigt.

Die nach dem europäischen Unionsrecht gebotene Auslegung der einschlägigen Vorschriften des Bundesurlaubsgesetztes ergibt, dass der Resturlaub auch dann abzugelten ist, wenn das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers endet. Der Abgeltungsanspruch der Erben umfasst dabei nicht nur den gesetzlichen Mindesturlaub nach § 3 Abs. 1 BUrlG von 24 Werktagen, sondern grundsätzlich auch den Anspruch auf Zusatzurlaub der etwa wegen einer Schwerbehinderung oder aufgrund einer tariflichen Regelung beansprucht werden kann.

(Quelle: Pressemitteilung des BAG zum Urteil v. 22.01.2019, 9 AZR 45/16)

Reisezeit bei Auslandsentsendung ist Arbeitszeit

Entsendet der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vorübergehend zur Arbeit ins Ausland, sind die für Hin- und Rückreise erforderlichen Zeiten wie Arbeit zu vergüten. Dies hat das Bundesarbeitsgerichts mit Urteil vom 17.10.2018 (5 AZR 553/17) entschieden.

Die Klage war von einem technischen Mitarbeiter eines Bauunternehmens erhoben worden, der von seinem Arbeitgeber auf eine Baustelle nach China entsandt wurde. Die Hin- und Rückreise zur ausländischen Baustelle dauerte vier Tage. Für diese vier Tage zahlte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die arbeitsvertraglich vereinbarte Vergütung für jeweils 8 Stunden. Mit seiner Klage verlangte der Arbeitnehmer Vergütung für weitere 37 Stunden mit der Begründung, die gesamte Reisezeit von seiner Wohnung bis zur auswärtigen Arbeitsstelle und zurück sei wie Arbeit zu vergüten.

Das Bundesarbeitsgericht teilt diese Einschätzung: Die Entsendung für einen Arbeitseinsatz ins Ausland erfolge ausschließlich im Interesse des Arbeitgebers, deshalb habe dieser auch die aufgebrachten Reisezeiten des Arbeitnehmers für die Hin- und Rückreise wie Arbeit zu vergüten.

(Quelle: Pressemitteilung des BAG zum Urteil v. 17.10.2018, 5 AZR 553/17)

Keine Verzugspauschale bei verspäteter Gehaltszahlung

Im Jahr 2014 hat der Gesetzgeber den § 288 im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) erweitert. U. a. ist in § 288 Abs. 5 S. 1 BGB nun geregelt, dass der Gläubiger einer Entgeltforderung bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, neben Zinsansprüchen auch einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale i. H. v. € 40,00 hat. Seit dieser Neuregelung ist umstritten gewesen, ob ein Arbeitnehmer die Verzugspauschale i. H. v. € 40,00 verlangen kann, wenn der Arbeitgeber Gehaltsbestandteile nicht rechtzeitig gezahlt hat.

Das Bundesarbeitsgericht hat nun klargestellt, dass die Verzugspauschale nach § 288 Abs. 5 BGB im Arbeitsrecht nicht realisiert werden kann. So schließe § 12a Abs. 1 S. 1 ArbGG als spezielle arbeitsrechtliche Regelung nicht nur einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch wegen erstinstanzlich entstandener Beitreibungskosten, sondern auch einen entsprechenden materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch und damit auch den Anspruch auf Pauschalen nach § 288 Abs. 5 BGB aus.

(Quelle: Pressemitteilung des BAG zum Urteil v. 25.09.2018, 8 AZR 26/18)

Streikbruchprämie als zulässiges Kampfmittel bei Tarifstreitigkeiten

Ein bestreikter Arbeitgeber ist grundsätzlich berechtigt, die von einer Gewerkschaft zum Streik aufgerufenen Arbeitnehmer durch Zusage einer Prämie (Streikbruchprämie) von einer Streikbeteiligung abzuhalten. Dies hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 14.08.2018 (1 AZR 287/17) entschieden. In dem Fall hatte ein Arbeitgeber in einem betrieblichen Aushang allen Arbeitnehmern, die sich nicht am Streik beteiligen und ihrer regulären Tätigkeit nachgehen, die Zahlung einer Streikbruchprämie versprochen. Diese war zunächst pro Streiktag in Höhe von € 200,00 brutto (bei einer Teilzeitbeschäftigung entsprechend anteilig) und in einem zweiten betrieblichen Aushang in Höhe von € 100,00 brutto zugesagt. Ein Arbeitnehmer, der dem gewerkschaftlichen Streikaufruf gefolgt war und seine Arbeit an mehreren Tagen niederlegte, ließ den Vorgang gerichtlich überprüfen. Das Bundesarbeitsgericht hat daraufhin entschieden, dass es sich bei dem Vorgang um eine grundsätzlich zulässige Arbeitskampfmaßnahme des Arbeitgebers handelt.

(Quelle: Pressemitteilung des BAG zum Urteil v. 14.08.2018, 1 AZR 287/17)

 

Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall – gesetzlicher Mindestlohn – Ausschlussfristen

Die Geltendmachung des Anspruchs auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach § 3 Abs. 1 EFZG kann trotz seiner Unabdingbarkeit (§ 12 EFZG) grundsätzlich einer tariflichen Ausschlussfrist unterworfen werden. Eine tarifliche Ausschlussfrist ist jedoch nach § 3 Satz 1 MiLoG unwirksam, soweit sie auch den während Arbeitsunfähigkeit nach § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 EFZG fortzuzahlenden gesetzlichen Mindestlohn erfasst. Bis zur Höhe des gesetzlichen Mindestlohns können Ansprüche auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall somit nicht durch eine tarifliche Ausschlussklausel einer kurzen Verfallfrist unterworfen werden. In diese Fälle greift stattdessen die dreijährige Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 BGB.

(Quelle: Pressemitteilung des BAG zum Urteil v. 20.06.2018 , 5 AZR 262/17)

Arztbesuch während der Arbeitszeit

Nach § 616 BGB verliert ein Arbeitnehmer seinen Vergütungsanspruch auch dann nicht, wenn er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Eine solche Verhinderung kann auch durch einen erforderlichen Arztbesuch gegeben sein.

Grundsätzlich ist ein Arztbesuch jedoch nicht bereits dann notwendig, wenn der behandelnde Arzt einen Arbeitnehmer während der Arbeitszeit zur Behandlung oder Untersuchung in seine Praxis bestellt. Der Arbeitnehmer muss versuchen, die Arbeitsversäumnis möglichst zu vermeiden. Hält der Arzt außerhalb der Arbeitszeit Sprechstunden ab und sprechen keine medizinischen Gründe für einen sofortigen Arztbesuch, müsste der Arbeitnehmer die Möglichkeit der Sprechstunde außerhalb der Arbeitszeit wahrnehmen.

Ein Fall unverschuldeter Arbeitsversäumnis liegt bei einem Arztbesuch vor, wenn der Arbeitnehmer von einem Arzt zu einer Untersuchung oder Behandlung einbestellt wird und der Arzt auf terminliche Wünsche des Arbeitnehmers keine Rücksicht nehmen will oder kann.

(Quelle: LAG Niedersachsen, Urteil v. 08.02.2018, 7 Sa 256/17)

Zu Hause geleistete Bereitschaftszeit (Rufbereitschaft) kann Arbeitszeit sein

Mit Entscheidung vom 21.02.2018 (C-518/15) hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) klargestellt, dass die Bereitschaftszeit, die ein Arbeitnehmer zu Hause verbringen muss und während derer er der Verpflichtung unterliegt, einem Ruf des Arbeitgebers zum Einsatz innerhalb von acht Minuten Folge zu leisten – was die Möglichkeit, anderen Tätigkeiten nachzugehen, erheblich einschränkt –, als „Arbeitszeit“ anzusehen ist. Insoweit ist für die Einordnung als „Arbeitszeit“ im Sinne der einschlägigen Richtlinie (2003/88/EG vom 4. November 2003) entscheidend, dass sich der Arbeitnehmer an dem vom Arbeitgeber bestimmten Ort aufhalten und diesem zur Verfügung stehen muss, um gegebenenfalls sofort die geeigneten Leistungen erbringen zu können.

Die EuGH-Entscheidung weicht damit von der bisher in Deutschland geltenden Rechtslage ab. So werden Bereitschaftszeiten, in denen sich Arbeitnehmer an einem selbst gewählten Ort für eine ggf. erforderliche unverzügliche Arbeitsaufnahme bereithalten (sog. Rufbereitschaft), grundsätzlich nicht als Arbeits- sondern als Ruhezeit gewertet.

(Quelle: Pressemitteilung des EuGH Nr. 14/2018 zum Urteil v. 21.02.2018, C-518/15)

Anwendung des d´Hondtschen Höchstzahlenverfahrens bei Betriebsratswahlen verfassungsgemäß

Werden bei Betriebsratswahlen mehrere Vorschlagslisten eingereicht, so ist die Sitzverteilung gemäß § 15 WO BetrVG nach dem sogenannten d´Hondtschen Höchstzahlenverfahrens zu ermitteln. Dieses vorgegebene Rechenverfahren sorgt regelmäßig für Unmut unter den Beteiligten. So ist das außerhalb von Betriebsratswahlen kaum bekannte Rechenverfahren nicht ganz einfach zu verstehen und anzuwenden. Zudem werden die gefundenen Ergebnisse teilweise für ungerecht erachtet, weil sie nicht immer dem prozentualen  Obsiegen und Unterliegen von einzelnen Listen entsprechen.

Pünktlich zu den im Frühjahr 2018 anstehenden regelmäßigen Betriebsratswahlen, hat das Bundesarbeitsgericht nun jedoch entschieden, dass die gesetzgeberische Anordnung des d´Hondtschen Höchstzahlenverfahrens zur Verteilung der Betriebsratssitze bei der Betriebsratswahl in § 15 Abs. 1 und 2 WO BetrVG verfassungsgemäß ist. Das d´Hondtsche Höchstzahlverfahren verletzt weder den aus Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Grundsatz der Gleichheit der Wahl noch die durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützte Koalitionsfreiheit.

Somit müssen Wahlvorstände auch zukünftig bei der Ermittlung des Wahlergebnisses das d´Hondtschen Höchstzahlenverfahrens anwenden und die Kandidaten die so gefundenen Ergebnisse akzeptieren.

(Quelle: Pressemitteilung des BAG vom 22.11.2017 zum Beschluss v. 22.11.2017, 7 ABR 35/16)

Ausschluss gekürzter Kündigungsfristen während der Probezeit bei unklarer Vertragsgestaltung

Vereinbart ein Arbeitgeber in einem Arbeitsvertrag eine Probezeit, so kann das Arbeitsverhältnis grundsätzlich gem. § 622 Abs. 3 BGB ohne weitere Vereinbarung von beiden Seiten mit einer Frist von zwei Wochen gekündigt werden. Ist jedoch in dem Arbeitsvertrag an anderer Stelle eine längere Kündigungsfrist geregelt und wird die Probezeit von dieser nicht ausdrücklich ausgenommen, so ist diese längere Frist auch bereits während der Probezeit anzuwenden.

Dies gilt nach Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 23.03.2017 (6 AZR 705/17) bei arbeitgeberseitig vorformulierten Arbeitsverträgen auch dann, wenn in dem Arbeitsvertrag zudem vereinbart ist, dass sich die Rechte und Pflichten des Arbeitsvertrages nach einem Manteltarifvertrag richten und in diesem wiederum eine besondere Kündigungsfrist in der Probezeit vorgesehen ist.

Im vorliegenden Fall war der Kläger bei der Beklagten als Flugbegleiter tätig und wurde arbeitgeberseitig innerhalb der ersten sechs Monate gekündigt. Mit der von ihm erhobenen Klage begehrte er die Feststellung, dass in seinem Fall die im Arbeitsvertrag festgeschriebene Kündigungsfrist auch während der Probezeit anzuwenden ist. Das BAG gab dem Kläger Recht, da Bestimmungen in einseitig vorformulierten Arbeitsverträgen so auszulegen sind, wie sie ein durchschnittlicher, regelmäßig nicht rechtskundiger Arbeitnehmer versteht.

(Quelle: Pressemitteilung des BAG vom 23.03.2017)

Pfändungsschutz für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeitszulagen

Zulagen für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit sind Erschwerniszulagen im Sinne von § 850a Nr. 3 ZPO und damit im Rahmen des Üblichen unpfändbar. Zulagen für Schicht-, Samstags- oder sog. Vorfestarbeit sind dagegen der Pfändung nicht entzogen. Hinsichtlich der Frage, in welchem Umfang und welcher Höhe Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit als „üblich“ und damit unpfändbar im Sinne von § 850a Nr. 3 ZPO anzusehen sind, kann an die Regelung in § 3b EStG angeknüpft werden.

(Quelle: Pressemitteilung des BAG vom 23.08.2017 zum Urteil v. 23.08.2017, 10 AZR 859/16)

Kündigung während der Probezeit wegen Erkrankung eines Kindes

Wird ein Arbeitsverhältnis innerhalb der ersten sechs Monate arbeitgeberseitig gekündigt, so findet das Kündigungsschutzgesetz regelmäßig keine Anwendung, da die sechsmonatige Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG im Kündigungszeitpunkt noch nicht abgelaufen ist. Gleichwohl wäre eine sogenannte Probezeitkündigung unwirksam, wenn sie deshalb ausgesprochen wurde, weil ein Arbeitnehmer zur Betreuung seines Kindes der Arbeit eigenmächtig ferngeblieben ist. So bestätigte das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz mit Entscheidung vom 08.11.2016 (8 Sa 152/16), dass der Gesetzgeber Arbeitnehmern über § 45 Abs. 1 S. 3 SGB V nicht nur einen Anspruch auf Freistellung von der Arbeit, sondern bei rechtswidriger Verweigerung auch das Recht, der Arbeit „eigenmächtig“ fernzubleiben, gewährt. Eine Kündigung des Arbeitgebers, die wegen Ausübung dieses Rechts erfolgt, stellt eine unzulässige Maßregelung im Sinne des § 612a BGB dar und ist nach § 134 BGB nichtig.

Fristlose Kündigung wegen Morddrohung

Mit Urteil vom 08.06.2017 (11 Sa 823/16) hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf bestätigt, dass der Ausspruch einer fristlosen Kündigung eines Arbeitnehmers wegen der Äußerung „Ich stech dich ab“ gegenüber einem Vorgesetzten gerechtfertigt ist. Durch eine derart ernsthafte Bedrohung sei eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nicht zumutbar. Das Spektakuläre an der Entscheidung: Der betroffene Arbeitnehmer arbeitete im Landeskriminalamt und war dort – bevor er sich zu der Äußerung hinreißen ließ – fast zwei Jahrzehnte beschäftigt. Nach durchgeführter Beweisaufnahme hielt es bereits das Arbeitsgericht Düsseldorf in der ersten Instanz des Verfahrens (Urteil vom 15.08.2016 – 7 Ca 415/15) für erwiesen, dass der Arbeitnehmer seinen Vorgesetzten anonym von einer Telefonzelle aus auf dessen dienstlichen Mobiltelefon angerufen habe, um die Drohung auszusprechen.

(Quelle: Pressemitteilung des LAG Düsseldorf vom 08.06.2017)

Entlassungsverlangen durch den Betriebsrat – Kündigungsschutz

Wenn ein Arbeitnehmer wiederholt den Betriebsfrieden stört, etwa durch rassistische oder fremdenfeindliche Betätigungen, so kann der Betriebsrat gemäß § 104 BetrVG vom Arbeitgeber die Entlassung oder Versetzung des störenden Arbeitnehmers verlangen. Kommt der Arbeitgeber dem Verlangen nicht nach, kann der Betriebsrat die Versetzung oder Entlassung gerichtlich anordnen lassen und mithilfe eines Zwangsgeldes durchsetzen. Tritt dieser – in der Praxis glücklicherweise seltene – Fall ein, so stellt die rechtskräftige Entscheidung des Arbeitsgerichts, wonach der Arbeitgeber den störenden Arbeitnehmer zu entlassen hat, ein dringendes betriebliches Erfordernis im Sinne des § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG für die ordentliche Kündigung dar. Der betroffene Arbeitnehmer kann sich in einem anschließenden Kündigungsschutzverfahren also nicht erfolgreich auf den Umstand stützen, dass einziger Kündigungsgrund die gerichtliche Anordnung des Arbeitsgerichts zur Entlassung des störenden Arbeitnehmers an den Arbeitgeber sei und diese deshalb nicht sozial gerechtfertigt sei.

(Quelle: Pressemitteilung des BAG vom 28.03.2017)

Arbeitsbefreiung in Nachtschicht zur
Teilnahme an Betriebsratssitzung während Tagschicht

Wird in einem Betrieb die Arbeitsleistung von den Arbeitnehmern zu unterschiedlichen Zeiten, also in verschieden Schichten erbracht, so kann dies zu Planungsschwierigkeiten für den Betriebsrat im Hinblick auf die zeitliche Lage der Betriebsratssitzung führen. Die Entscheidung über die genaue Terminierung hat die oder der Vorsitzende des Betriebsrates zu treffen. Dies unter Rücksichtnahme auf die betrieblichen Notwendigkeiten und mit der gesetzlichen Maßgabe, dass Betriebsratssitzungen in der Regel während der Arbeitszeit stattfinden sollen. Arbeitet die überwiegende Anzahl von Betriebsratsmitgliedern in der Tagschicht, so ist eine Sitzung vom Betriebsrat in der Regel während der Tagschicht abzuhalten. Dies kann für in der Nachschicht eingesetzte Betriebsratsmitglieder dazu führen, dass sie zunächst ihre Arbeitsleistung während der Nachtschicht erbringen müssen und später, im Laufe des Tages, an einer Betriebsratssitzung teilzunehmen haben.

In einer die Betriebsräte stärkenden Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht klargestellt, dass ein Betriebsratsmitglied, welches zwischen zwei Nachtschichten außerhalb seiner Arbeitszeit tagsüber an einer Betriebsratssitzung teilzunehmen hat, dazu berechtigt ist, die Arbeit in der vorherigen Nachtschicht vor dem Ende der Schicht einzustellen, wenn nur dadurch eine ununterbrochene Erholungszeit von elf Stunden am Tag gewährleistet ist, in der weder Arbeitsleistung noch Betriebsratstätigkeit zu erbringen ist. Nach § 5 Abs. 1 ArbZG ist dem Arbeitnehmer nach Beendigung der täglichen Arbeitszeit eine ununterbrochene Ruhezeit von elf Stunden zu gewähren. Es kann dahinstehen, ob die Zeit der Erbringung von Betriebsratstätigkeit Arbeitszeit im Sinne von § 2 Abs. 1 ArbZG ist und § 5 Abs. 1 ArbZG deshalb Anwendung findet. Jedenfalls ist bei der Beurteilung, ob dem Betriebsratsmitglied in einer solchen Situation die Fortsetzung der Arbeit in der Nachtschicht wegen der bevorstehenden Betriebsratstätigkeit unzumutbar ist, die Wertung des § 5 Abs. 1 ArbZG zu berücksichtigen. Die Freistellung von der Nachtschicht hat dabei nach § 37 Abs. 2 BetrVG ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu erfolgen.

(Quelle: Pressemitteilung des BAG vom 18.01.2017)

Mindestlohn und Ausschlussfristen

In vielen arbeitgeberseitig für eine mehrfache Verwendung vorformulierten Arbeitsverträgen (Allgemeine Geschäftsbedingungen) sind regelmäßig Ausschlussfristen enthalten. Diese regeln, dass fällige Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer bestimmten Frist und auf eine bestimmte Weise geltend gemacht werden müssen. Wird die Frist versäumt, so verfallen die bestehenden Ansprüche regelmäßig und können grundsätzlich nachträglich nicht mehr geltend gemacht werden.

Wie das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Urteil vom 24.08.2016 (5 AZR 703/15) entschieden hat, können derartige Klauseln jedoch dann unwirksam sein, wenn diese gesetzlich bestehende Mindestlohnansprüche nicht ausdrücklich von dem Anwendungsbereich der Klausel ausschließen. So erklärt das BAG eine Ausschlussklausel, die den Anspruch auf das Pflegemindestentgelt nach § 2 der Pflegearbeitsbedingungenverordnung (PflegeArbbV) nicht ausdrücklich ausgeklammert hat, für unwirksam.

Ob diese Entscheidung auf Ausschlussklauseln übertragbar ist, die den seit 2014 geltenden Mindestlohn nicht ausdrücklich vom Anwendungsbereich der Klausel ausschließen, bleibt abzuwarten.

Hiervon dürfte aber für nach 2015 abgefasste Klauseln auszugehen sein.

(Quelle: Pressemitteilung des BAG v. 24.08.2016 sowie BAG, Urteil v. 24.08.2016, 5 AZR 703/15)

Personalgespräch während Arbeitsunfähigkeit

Das Weisungsrecht des Arbeitgebers bestimmt sich nach billigem Ermessen gemäß § 106 GewO. Im Rahmen des dem Arbeitgeber zustehenden Weisungsrechts kann dieser verlangen, mit einzelnen Arbeitnehmern während der Arbeitszeit ein Personalgespräch über die Arbeitsleistung oder das Verhalten des Arbeitnehmers im Betrieb zu führen. Der Arbeitgeber kann aufgrund des ihm zustehenden Weisungsrechts solche Gespräche einseitig anordnen und betroffene Arbeitnehmer können sich diesen nicht verweigern, ohne mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen rechnen zu müssen.

Nicht häufig bittet der Arbeitgeber zu derartigen Personalgesprächen, wenn aus seiner Sicht ein bestehendes Arbeitsverhältnis gestört ist, also nicht seinen Vorstellungen entspricht. Häufig werden Mitarbeiter während länger andauernder Fehlzeiten aufgrund vorliegender Arbeitsunfähigkeit zu Personalgesprächen eingeladen. Da ein erkrankter Arbeitnehmer bei bestehender Arbeitsunfähigkeit von seiner Arbeitspflicht befreit ist, muss ein Arbeitnehmer an einem Personalgespräch während bestehender Arbeitsunfähigkeit jedoch nicht teilnehmen.

Mit Urteil vom 02.11.2016, Az. 10 AZR 596/15, stellte das Bundesarbeitsgericht klar, dass der erkrankte Arbeitnehmer während der Arbeitsunfähigkeit seiner Arbeitspflicht nicht nachkommen muss und somit grundsätzlich nicht verpflichtet ist, im Betrieb zu erscheinen oder sonstige mit seiner Hauptleistung zusammenhängenden Nebenpflichten zu erfüllen. Der arbeitsunfähige Arbeitnehmer ist somit nicht dazu verpflichtet, auf Anweisung des Arbeitgebers im Betrieb zu erscheinen und mit diesem ein Personalgespräch zu führen, es sei denn, dass dies ausnahmsweise aus betrieblichen Gründen unverzichtbar ist und der Arbeitnehmer gesundheitlich dazu in der Lage ist. Der Arbeitgeber darf aber grundsätzlich in einem zeitlich angemessenen Umfang mit dem erkrankten Arbeitnehmer in Kontakt treten, um mit ihm im Rahmen der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen die Möglichkeiten der Weiterbeschäftigung nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit zu erörtern.

(Quelle: Pressemitteilung des BAG vom 02.11.2016)

Einsichtsrecht in Personalakte

Arbeitnehmer dürfen jederzeit ohne besonderen Anlass Einsichtnahme in ihre Personalakte verlangen. Dieses Einsichtsrecht ist unter anderem in § 83 BetrVG festgeschrieben. Da es sich bei dieser Vorschrift um eine individualrechtliche Regelung handelt, gilt sie auch dann, wenn im Betrieb kein Betriebsrat besteht.

Genaue Vorgaben zur Durchführung des Einsichtnahmerechts sieht das Gesetz nicht vor. Grundsätzlich ist die Einsicht in die Personalakte aber während der Arbeitszeit zu gewähren, ohne dass für die Arbeitnehmer ein Entgeltausfall eintritt. Im Zweifel müssen strittige Fragen einer rechtlichen Überprüfung der Arbeitsgerichte unterzogen werden.

So hatte das Bundesarbeitsgericht kürzlich zu entscheiden, ob Arbeitnehmer bei der Einsichtnahme in ihre Personalakte gegen den Willen des Arbeitgebers zu ihrer Unterstützung einen Rechtsanwalt hinzuziehen dürfen. Das Bundesarbeitsgericht lehnte einen solchen Rechtsanspruch zumindest für den Fall ab, in dem der Arbeitgeber dem betroffenen Arbeitnehmer gewährt, Kopien von Schriftstücken aus seiner Personalakte zu fertigen. Damit hätte der Arbeitnehmer ausreichend Gelegenheit, anhand der gefertigten Kopien den Inhalt der Personalakte mit einem Rechtsanwalt zu erörtern.

(Quelle: Pressemitteilung des BAG vom 12.07.2016)

Reinigungskosten für Hygienekleidung

Ist ein Arbeitgeber gesetzlich dazu verpflichtet, Arbeitnehmern bestimmte Arbeits- oder Schutzkleidung zu stellen, so liegt nahe, dass der Arbeitgeber auch die Kosten für die Reinigung und Instandhaltung der Arbeitskleidung zu tragen hat. Es würde dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Vorschriften widersprechen, wenn der Arbeitgeber die hierfür anfallenden Kosten auf die betroffen Arbeitgeber abwälzen könnte.

Mit Urteil vom 14.06.2016, Az. 9 AZR 118/15, hat das Bundesarbeitsgericht somit nachvollziehbar entschieden, dass ein Arbeitgeber in einem lebensmittelverarbeitenden Betrieb dafür Sorge zu tragen hat, dass seine Arbeitnehmer saubere und geeignete Hygienekleidung tragen und es zu seinen Pflichten gehört, dass diese Kleidung auf seine eigenen Kosten gereinigt wird.

Dem in einem Schlachthof beschäftigten Kläger war für die Ausführung seiner Tätigkeit weiße Hygienekleidung durch seinen Arbeitgeber zur Verfügung gestellt worden. Für die Reinigung dieser Kleidung zog der Arbeitgeber ihm monatlich € 10,23 vom Nettolohn ab. Die hiergegen einreichte Klage hatte in allen Instanzen Erfolg.

(Quelle: Pressemitteilung des BAG vom 14.06.2016)

Eigenhändige Unterschrift bei Elternzeitverlangen

Ist in einem Gesetz festgelegt, dass eine bestimmte Erklärung schriftlich abzugeben ist, so bedeutet dies, dass die Erklärung in Textform und mit einer eigenhändigen Unterschrift versehen bei dem Erklärungsempfänger eingehen muss (§ 126 Abs. 1 BGB). So ist etwa in § 623 BGB geregelt, dass die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform bedürfen.

Auch wenn Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer Elternzeit in Anspruch nehmen möchten, schreibt § 16 Abs. 1 S. 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) vor, dass dieses spätestens sieben Wochen vor Beginn schriftlich und mit gleichzeitiger Erklärung, für welchen Zeitraum die Elternzeit in Anspruch genommen werden soll, verlangt werden muss. Ein Telefax oder eine E-Mail wahrt die von § 16 Abs. 1 S. 1 BEEG vorgeschriebene Schriftform nicht und führt gem. § 125 S. 1 BGB zur Nichtigkeit der Erklärung.

Dies hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) zum Leidwesen einer Rechtsanwaltsfachangestellten mit Urteil vom 10.05.2016 (9 AZR 145/15) erneut festgestellt. Die Rechtsanwaltsfachangestellte hatte ihrem Arbeitgeber per Telefax mitgeteilt, dass sie für zwei Jahre Elternzeit in Anspruch nehmen werde. Der Rechtsanwalt für den sie tätig gewesen ist, konnte ihr anschließend trotzdem wirksam kündigen. Der besondere Kündigungsschutz, welcher ab Stellung eines Elternzeitverlangens gem. § 18 Abs. 1 S. 1 BEEG greift, wurde durch die Anzeige per Telefax nicht ausgelöst. Zudem haben keine Besonderheiten vorgelegen, die es dem Beklagten nach Treu und Glauben verwehrt haben, sich auf den Formverstoß zu berufen.

(Quelle: Pressemitteilung des BAG vom 10.05.2016)

Kein separater Telefonanschluss und Internetzugang für den Betriebsrat

Gemäß § 40 Abs. 2 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat für die laufende Geschäftsführung sachliche Mittel, insbesondere Informations- und Kommunikationstechnik, zur Verfügung zu stellen. Der Betriebsrat kann einen Telefonanschluss und, sofern berechtigte Belange des Arbeitgebers nicht entgegenstehen, die Eröffnung eines Internetzugangs und die Einrichtung eigener E-Mail-Adressen verlangen, ohne deren Erforderlichkeit zur Wahrnehmung konkret anstehender betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben darlegen zu müssen.

Mit Beschluss vom 20.04.2016 (7 ABR 50/14) hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) allerdings klar gestellt, dass der Arbeitgeber grundsätzlich weder dazu verpflichtet ist, dem Betriebsrat unabhängig von seinem Netzwerk einen Zugang zum Internet zur Verfügung zu stellen noch dem Betriebsrat einen von seiner Telefonanlage unabhängigen Telefonanschluss einzurichten. Der Arbeitgeber könne den Anspruch des Betriebsrats auch dadurch erfüllten, dass er dem Betriebsrat im Rahmen des im Betrieb bestehenden Informations- und Kommunikationssystems einen Telefonanschluss zur Verfügung stellt sowie einen Internetzugang und E-Mail-Verkehr über ein Netzwerk vermittelt, das für alle Arbeitsplätze des Unternehmens einheitlich genutzt wird.

Allein wegen der abstrakten Gefahr einer missbräuchlichen Ausnutzung der technischen Kontrollmöglichkeiten durch den Arbeitgeber darf der Betriebsrat einen separaten Telefonanschluss sowie Internetzugang nicht für erforderlich halten. Im Umkehrschluss bedeutet dies allerdings auch, dass wenn konkrete Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Ausnutzung der technischen Kontrollmöglichkeiten durch den Arbeitgeber gegeben sind, der Betriebsrat sehr wohl einen separaten Telefonanschluss sowie Internetzugang für erforderlich halten darf und diesen gegenüber dem Arbeitgeber einfordern kann.

(Quelle: Pressemitteilung des BAG vom 20.04.2016)

Altersgrenze für Piloten

Das 2006 in Kraft getretene Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) – welches der Umsetzung von vier europäischen Richtlinien diente – soll Diskriminierungen im Berufsleben aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechtes, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität verhindern oder beseitigen. Vor diesem Hintergrund hatten im Jahre 2007 drei Piloten gegen eine tarifrechtliche Regelung geklagt, nach der Piloten nur bis zum Alter von 60 Jahren beschäftigt werden dürfen. Nachdem die nationalen Gerichte die Altersbegrenzung aus sachlichen Gründen zur Wahrung der Flugsicherung für gerechtfertigt erachteten, entschied im Jahre 2011 letztlich der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass die Altersgrenze eine Diskriminierung wegen des Alters darstellt (EuGH vom 14.09.2011, C-447/09). Seitdem ist grundsätzlich eine Altersgrenze von 65 Jahren anerkannt. Ein Pilot, der mit Vollendung des 65. Lebensjahres noch nicht das gesetzlich vorgesehene Renteneintrittsalter erreicht hatte, klagte wegen dieser Altersgrenze gegen seinen Arbeitgeber. Mit Beschluss vom 27.01.2016 (5 AZR 263/15) hat das Bundesarbeitsgerichts deshalb dem Europäischen Gerichtshof erneut die Frage zur Gültigkeit und Auslegung des Unionsrechts vorgelegt, inwieweit die Altersgrenze von 65 Jahren für Piloten zulässig ist.

(Quelle: Pressemitteilung des BAG vom 27.01.2016)

Teilzeit nach dem TzBfG trotz bestehenden betrieblichen Teilzeitmodellen

Die Frage, ob neben bestehenden betrieblichen Teilzeitmodellen ein hiervon losgelöster Teilzeitantrag nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) gestellt werden kann und der Arbeitgeber über diesen entscheiden muss, gehört zu den regelmäßig an unsere Kanzlei herangetragenen Fragestellungen. Zuletzt mit Urteil vom 12.02.2016 (Az.: 1 Ca 4729/15) hat das Arbeitsgericht Köln in dem von unserer Kanzlei geführten Verfahren diese Frage positiv beantwortet. Allerdings kann ein sogenanntes „betriebliches Organisationskonzept“ des Arbeitsgebers dem Teilzeitbegehren eines Arbeitnehmers entgegenstehen. Als allgemeingültige Antwort kann die Entscheidung des Arbeitsgerichts Köln somit nicht gelten. Jeder individuelle Fall muss somit einzeln betrachtet werden. Einen ersten Überblick über die rechtlichen Voraussetzungen bietet auch der von uns verfasste Beitrag „Teilzeitanträge“, der sich mit der Situation von Kabinenpersonal im fliegerischen Bereich befasst.

Umkleidezeit eines Flugzeugmechanikers ist Arbeitszeit

Zu diesem Ergebnis ist das Hessische Landesarbeitsgericht am 26.01.2016 (Az: 4 Sa 321/15) in einem von der Kanzlei Weißmantel & Vogelsang geführten Verfahren gekommen. Auf der Grundlage der aktuellen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (19.09.2012, 5 AZR 678/11), wonach Umkleidezeit dann Arbeitszeit ist, wenn die Bekleidung vorgeschrieben ist und im Betrieb angelegt werden muss bzw. ausschließlich betrieblichen Belangen dient, hat es aufgrund der konkreten Gegebenheiten im Einzelfall eine Zeitgutschrift von jeweils sechs Minuten für das Anlegen der Arbeitsbekleidung als angemessen erachtet. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.